Ich sitze mit Blizz Club in ihrem gemütlich-urigen Proberaum in einem alten Gewölbekeller. Um uns herum befindet sich meterdickes Mauerwerk, die Wände sind mit Schallisolation bedeckt und auf dem Boden stapeln sich Gitarrenpedale, Kabel und Schlagzeugbecken. Im Interview erzählt mir die Band, was DIY für sie bedeutet, welche ihre Lieblings-Gitarreneffekte sind und warum sie sich auf der Bühne gerne zum Affen machen.
Ihr sagt, ihr kommt aus Mainz. Euer Proberaum ist aber im rheinhessischen Dalheim. Wie habt ihr als Band zusammengefunden und wo seid ihr in der Szene verwurzelt?
David (Lead-Gitarre): Angefangen haben wir in diesen ganzen Clubs in Mainz und sind dort auch viel in der Szene unterwegs.
Fabio (Vocals, Bass): David und ich waren zusammen in der Schule und irgendwann habe ich rausgefunden, dass er Gitarre spielt. Blizz Club hatte sich dann 2017 zuerst noch in einer anderen Formation gegründet. Um 2021 rum waren dann auch Ermal und Simon dabei und wir sind aus dem Proberaum rausgekommen.
Fabio: Wir nehmen hier unten auch auf und spielen Partys. Ich glaube, bisher hatten wir hier so fünf Konzerte, drei davon waren auch sold out.
Ermal (Rhythmus-Gitarre): Die erste Show hier war glaube ich ungefähr 2021.
David: Wir haben Leute aus der Musikszene in der Gegend gefragt, ob sie Lust hätten bei uns zu zocken. Dazu kamen dann noch Freunde von uns und so hat sich das einfach entwickelt.
Fabio: Greñas und Snuckouts aus Mainz waren zum Beispiel dabei. Oder auch Zelle14.
David: Den Raum hier kann man soundtechnisch natürlich vergessen. Niemand würde dir raten, hier drin Musik aufzunehmen. Aber einfach der Vibe in diesem „Konzertsaal“, in dem wir schon diese abgefuckten Partys gefeiert haben – einfach diese Energie hier drin, die gibt nochmal eine ganz spezielle Würze in unsere Musik.
Ihr habt hier auch gerade euer Album aufgenommen, das dann nächstes Jahr erscheint. Wie würdet ihr den Sound von Blizz Club beschreiben? Für mich ist es ja eine gewisse Mischung aus Britpop und so klassischem Rock’n’Roll-Flair.
David: Ich finde es schwierig einzuordnen, welches Genre zu einem passt. Gerade durch Spotify und der Möglichkeit, immer alles hören zu können, wann man will, hat sich die Frage nach Genres mittlerweile eh irgendwie erledigt, weil alle immer alles durcheinander hören.
Fabio: Wir haben alle komplett andere Einflüsse. Ich höre zum Beispiel auch viel puerto-ricanischen Reggaeton, von dem wir auch manchmal diesen typischen Rhythmus drin haben. Bei uns fließt wirklich alles zusammen. Ich finde, sobald man irgendwie probiert, wie eine „Rock-Band“ zu klingen, kann man eigentlich auch aufhören – oder eine Cover-Band gründen.
David: Wir sehen uns gar nicht so als „Rock-Band“. Man kann uns so einstufen, aber wir machen halt einfach Mucke.
Fabio: Wir sind „Ill Rock“. Wir haben das so getauft: „Kranker Rock“. So wie im Grafitti „Ill Style“ oder „Anti Style“, bei dem man mit Absicht probiert, so frei wie möglich zu sein. Auch wenn es dabei extra „hässlich“ ist. Es geht darum, Barrieren umzuschmeißen, sich auszubreiten, sich groß zu machen…
David: Es ist einfach Ausdruck. Das Bedürfnis, sich auszudrücken. Mucke als Ventil.
Dafür könntet ihr auch einfach nur im Proberaum jammen. Was ist eure Motivation, live auf der Bühne zu spielen?
David: Es ist mir einfach ein riesiges Bedürfnis. Wenn ich nicht live spiele, dann fehlt eine Riesensache. Das ist so ein so ein befreiendes Gefühl, wie nichts anderes auf der Welt.
Fabio: Wenn man auf der Bühne steht, kann man wirklich allem freien Lauf lassen. Es ist wie eine Barriere, die man auch anderen Leuten wegnimmt: Das Publikum kann sich dadurch selbst erlauben, loszulassen. Eben ohne sich zu fragen, was die anderen jetzt von einem denken. Wenn ich mich auf der Bühne zum Affen mache, können sich die Leute im Publikum auch zum Affen machen.
Ermal: Man ist einfach frei und nicht daran gebunden, irgendwas machen zu müssen. Und es macht so verdammt Spaß, den Leuten dabei zuzuschauen, wie sie sich während unserer Auftritte fallen lassen können. Das ist wie ein Geben und Nehmen: Wenn die Leute Spaß haben, habe ich auch Spaß.
Simon (Drums): Ich will, dass die Leute abgehen. Es ist geil, wenn die rumspringen, wenn die rummoshen, wenn die schwitzen. Ich schwitze ja genauso. Ich will, dass David sich umdreht und mich so anguckt: *macht stank face*
Habt ihr dabei einen Lieblings-Gitarreneffekt?
David: Ich mag den Organizer. Aus diesem kleinen Ding kommt einfach so ein riesiger, massiver Sound raus.
Ermal: Bei mir ist es alles, was atmosphärisch ist. Also Hall, Echo, Chorus… Der ganze Kram ist mir sehr ans Herz gewachsen.
Was bedeutet es für euch, DIY zu sein?
Fabio: Wir sind da reingeboren und während der Albumaufnahmen voll drin aufgeblüht. Neben der Musik waren bisher auch die ganzen Designs immer DIY. Das war uns einfach mega wichtig und macht es auch für jeden greifbar. Es kann jeder nachmachen. Das ist das Wichtigste für uns: diese unglaubliche Freiheit. Dieses ungebunden sein.
David: Die Limitationen, dass man zum Beispiel gerade einfach nicht die Kohle für irgendwelche super fancy Sachen hat, macht einen auch nochmal kreativer. Es klingt dadurch nochmal mehr nach dir selbst.
Fabio: Wir haben nicht das Geld und nicht die Mittel, zu klingen wie alle anderen. Wir lieben, was wir machen und ich will einfach nochmal sagen: Ihr braucht kein krasses Material oder Technik, um euch auszudrücken. Nehmt euer Herz, eure Seele, haut es in ein Werk und gebt es der Welt. Das ist das Wichtigste.
Foto: Paula Anna H.