Die neue EP „Chapter II“ der Modern Metal-Band aus Offenbach beweist Vielfältigkeit
Zuerst wirkt es wie normaler Metalcore, doch schnell wird bei Chapter II von Corbian klar, dass es viel mehr als das ist. Ihr Metalsound, den die Band selbst als „modern, aber nicht glattgebügelt“ beschreibt, bewegt sich zwischen Core und Death und ist auch innerhalb der Songs sehr divers und bedient sich ständig unterschiedlicher Stilmittel.
Mit „Lilith“ startet die EP direkt mit einem absoluten Metalcore-Banger, der es letztes Jahr auch in die regionalen „Best Of Releases 2021“ vom VOLUME geschafft hat. „Veritas“ bekräftigt diesen starken Start und liefert gleich ein In Dying Lights-Feature mit dazu. Während der sphärische Blast Beat mit langgezogenen Schreien fast schon an Black Metal erinnert, drückt dann in „Karma“ die Double Bass enorm nach vorne. Allerdings muss ich mich hier an die Breaks, die in „Veritas“ vom Bass bestimmt noch richtig geil kamen, erstmal gewöhnen – ebenso an das Ende des Songs.
Neben dem ein oder anderen kleinen Gitarren-Solo zeigen Corbian auch, dass sie genauso gut stumpfe Breakdowns können – gefällt mir! Der starke Fokus auf Dynamik in „Lykaion“ ist außerdem eine willkommene Abwechslung. Da lässt sich auch drüber hinwegsehen, dass die Riffs und Drums von „Nunfuckers“ ähnlich wie vorher schonmal für mich etwas zu sehr nach einer gewissen Industrial-Eintönigkeit klingen.
Eine richtige Überraschung ist dann der Closer „Atlas“, der sich als waschechte Metalcore-Hymne erweist und zeigt, dass dieses Genre auch im Jahr 2022 noch interessant sein kann. Neben vielen Spielereien wird hier auch das einzige Mal Clean-Gesang eingesetzt. Ein wunderschönes zweistimmiges Gitarrensolo genau an der Stelle, wo der aktuelle Zeitgeist den hiesigen Breakdown abfeiern möchte, macht zusammen mit clever eingesetzter Double Bass zudem eine klare Metal-Gewichtung fest und setzt der EP wirklich die Krone auf. Schlau und richtig, genau diesem Song auch ein Musikvideo zu widmen.
Insgesamt wirkt die in den Kommune 2010 Studios aufgenommene EP wie ein kleines Album: abwechslungsreich, in sich geschlossen und mit einer stolzen Spiellänge von fast einer halben Stunde auch mit genügend Platz zum Entfalten.